Das Patent, dessen Rechtsbestand zu beurteilen war, wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt im Jahre 1997 angemeldet und von diesem erteilt. Es betrifft so genannte neurale Vorläuferzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten bei Tieren und Menschen. Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Behandlung mit Vorläuferzellen eine Alternative zu der im Stand der Technik bekannten Transplantation von Nervenzellen dar. Die für die Transplantation eingesetzten Nervenzellen sind vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen worden. Als Ausgangsmaterial für die vom Patent geschützten Vorläuferzellen dienen demgegenüber embryonale Stammzellen.

Der Kläger – Greenpeace e.V. – hat dieses Patent mit der gegen den Patentinhaber Prof. Dr. Brüstle gerichteten Nichtigkeitsklage angegriffen, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Es hat dieses Ergebnis auf § 2 Abs. 2 des deutschen Patentgesetzes (PatG)* und die gleichlautende Regelung in Art. 6 der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 gestützt.

Der Bundesgerichtshof hat eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 6 der Richtlinie eingeholt.

Der EuGH hat entschieden, dass jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an ein „menschlicher Embryo“ im Sinne der Richtlinie ist, dass der Patentierungsausschluss sich auch auf die Verwendung von menschlichen Embryonen zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung bezieht und dass eine Erfindung nach Art. 6 der Richtlinie auch dann von der Patentierung ausgeschlossen ist, wenn in der Beschreibung der beanspruchten technischen Lehre die Verwendung menschlicher Embryonen nicht erwähnt ist, die technische Lehre, die Gegenstand des Patentantrags ist, aber die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen oder deren Verwendung als Ausgangsmaterial erfordert.

Daraufhin hat der Bundesgerichtshof wiederum entschieden, dass das Patent nichtig ist, soweit Vorläuferzellen aus menschlichen embryonalen Stammzellen umfasst sind, bei deren Gewinnung Embryonen zerstört worden sind. Der Patentschutz bleibt hingegen bestehen, soweit menschliche embryonale Stammzellen durch andere Methoden gewonnen werden. Dies geht über den vom Bundespatentgericht für zulässig erachteten Umfang des Patentschutzes hinaus.

(BGH, Urteil vom 27.11.12 – X ZR 58/07; Pressemitteilung des BGH vom 27.11.12)