Wenn Sie Ihre Lebensversicherung widerrufen und rückabwickeln wollen (siehe dazu unseren Artikel: Rückabwicklung von Lebensversicherungen nach dem EuGH Urteil) stellt sich die Frage, ob Ihre Rechtsschutzversicherung eintritt. Denn bislang weigern sich die Versicherer noch, den Widerruf in den Fällen einer unwirksamen Widerrufsbelehrungen aus den Jahren 1995 bis 2007 einfach zu akzeptieren.

Rechtsschutzversicherung muss meist die Rückabwicklung der Lebensversicherung decken

Was viele nicht wissen: hierzu liegen bereits konkrete Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) vor, so dass – mit der richtigen Argumentation – die Rechtsschutzversicherung zur Erteilung der Kostendeckung gezwungen werden kann.

Die Rechtsschutzversicherer haben bislang den Einwand der mangelnden Erfolgsaussichten (1) und der Vorvertraglichkeit (2) vorgebracht, um sich der Einstandspflicht zu entziehen. Beide Einwände greifen nicht mehr durch, so dass in Zukunft Deckungsschutz besteht (3).

1. Mangelnde Erfolgsaussichten

Die Problematik der Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. wurde von den Instanzengerichten in nahezu fahrlässiger Weise ignoriert. Dementsprechend gab es überwiegend klageabweisende Urteile. Somit war es für die Rechtsschutzversicherer ein Leichtes, die Kostendeckung wegen mangelnder Erfolgsaussichten zu versagen. Nach der Vorlage des BGH zum EuGH und der Entscheidung des EuGH zugunsten der Lebensversicherungskunden ist der Rechtsschutzversicherung der Einwand mangelnder Erfolgsaussichten abgeschnitten.

2. Vorvertraglichkeit

Es können überwiegend solche Lebensversicherungsverträge rückabgewickelt werden, die in dem Zeitraum 1995 – 2007 abgeschlossen wurden. In vielen Fällen wird es aber so sein, dass die Rechtsschutzversicherung nach dem 31.12.2007 geschlossen wurde. Die entscheidende Frage ist also, wann der Versicherungsfall eingetreten ist bzw. ob in zeitlicher Hinsicht Versicherungsschutz besteht.

Der Versicherungsfall kann immer nur zu einem ganz bestimmten Datum eingetreten sein, so dass es keinen „gedehnten“ Versicherungsfall gibt.

In Bezug auf die Rückabwicklung der Lebensversicherungen war lange Zeit strittig, wann der Versicherungsfall eingetreten ist. Die Rechtsschutzversicherer haben den Standpunkt vertreten, der Versicherungsfall liegt in dem Verstoß gegen die Informationspflichten, also bereits beim Abschluss des Vertrages über die Lebensversicherung. Dieses Argument führt zur Verneinung des Deckungsschutzes in den Fällen, in denen die Rechtsschutzversicherung zeitlich nach dem Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen wurde.

Nach einem Gang durch alle Instanzen ist der Bundesgerichtshof (BGH) im einer Entscheidung vom April 2013 der Argumentation von RA Adam Cofala gefolgt und hat entschieden, dass der Versicherungsfall in der Zurückweisung der Widerspruchsberechtigung liegt. In seinem Leitsatz führt der BGH aus:

„Macht der VN einer Rechtsschutzversicherung geltend, er könne dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages infolge unzureichender Vertragsinformationen noch Jahre später widersprechen und daraus Ansprüche gegen seinen Lebensversicherer herleiten, liegt dessen maßgeblicher Verstoß i.S. von § 4 (1) Satz 1 Buchst. c) ARB 2004 in der Weigerung, das Widerspruchsrecht anzuerkennen, und nicht in der behaupteten mangelnden Information bei Vertragsschluss.“

 

3. Bedeutung für die künftige Praxis

In Zukunft wird es wesentlicher leichter sein, von der Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz zu erlangen.

Entschließt sich der Versicherungskunde dazu, seine Lebensversicherung aufgrund der geänderten Rechtsprechung rückwirkend aufzulösen, muss er eine entsprechende Widerspruchserklärung gegen den Vertrag an den Lebensversicherer richten.

Schon bevor Sie dies tun, sollten Sie jedoch unbedingt anwaltlichen Rat einholen, denn bereits mit der Formulierung der Widerrufserklärung werden wichtige Weichen für das weitere Verfahren gestellt!

Wir informieren Sie über die richtige Formulierung und stellen Ihnen ein Musterschreiben zur Verfügung. 

Lehnt der Lebensversicherer das Recht zum Widerspruch ab und verweigert die Rückzahlung sämtlicher eingezahlten Prämien, dann ist der Versicherungsfall eingetreten. Der Versicherungskunde kann einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Forderung beauftragen. Die Rechtsschutzversicherung kann sich in einem solchen Fall nicht mehr auf mangelnde Erfolgsaussichten berufen.