Die Angst der Lebensversicherer vor massenhaft widerrufenen Lebensversicherungen steigt. Jetzt versenden erste Lebensversicherer Schreiben, mit denen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorsorglich wiederholt, die ursprünglichen Fehler also repariert werden (hier ein Beispiel der Nürnberger Versicherungsgruppe).

Kurze Frist von 14 Tagen möglich

Das hat für die betroffenen Versicherungsnehmer dramatische Konsequenzen: Nach Erhalt der neuen Widerrufsbelehrung läuft eine Frist von 14 Tagen. Wird innerhalb dieser Frist nicht widerrufen, ist der Vertrag endgültig wirksam. Ein etwa bis dahin noch bestehendes Rücktrittsrecht erlischt.

Bei älteren Verträgen gilt auch heute noch die kurze Frist von 14 Tagen. Bei Verträgen, die nach dem 8. Dezember 2004 abgeschlossen wurden, gilt dagegen eine längere Frist von 30 Tagen. Es ist daher genau auf das jeweils vorliegende Anschreiben zu achten.

Aufgrund der verbraucherfreundlichen Urteile des Europäischen Gerichtshofs (19.12.2013, AZ C-209-12) und des Bundesgerichtshofs (07.05.2014, AZ: IV ZR 76/11) stehen die Versicherer vor erheblichen Problemen. Bei einem massenhaften Widerruf von Lebensversicherungsverträgen müsste nicht nur die Summe aller jemals bezahlter Beiträge sondern auch Zinsen darauf an die Kunden rückerstattet werden. Lediglich für den Versicherungsschutz dürfte ein Abschlag gemacht werden, der aber in den meisten Fällen weit geringer wäre als der Verlust im Fall einer Kündigung zum Rückkaufswert.

Fragwürdiger Zeitpunkt für die Reparaturarbeiten

Rechtsanwalt Alexander Meyer, der viele Kunden von Lebensversicherungen vertritt, meint dazu:

„Das Verhalten der Versicherer belegt, dass der Widerruf von Verträgen aus der Zeit von 1994 bis 2007 inzwischen von den Lebensversicherern ernst genommen wird. Nur so ist zu erklären, dass jetzt neue Widerrufsbelehrungen verschickt werden. Damit geben die Versicherer faktisch zu, dass die alten Belehrungen problematisch waren. Das erste mir bekannte derartige Schreiben ist vom 28. Juli 2014. Einen Versand zu diesem Zeitpunkt kann ich nur so interpretieren, dass auf einen Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist spekuliert wird, solange sich die Betroffenen im Urlaub befinden.“

Es droht der Verlust des Widerrufsrechts

Tatsache ist: Alle Versicherten, die jetzt noch ein unbefristetes Widerrufsrecht haben, weil die ursprüngliche Belehrung fehlerhaft war, verlieren dieses Recht, wenn sie nicht innerhalb von 14 Tagen ab Zugang einer neuen – fehlerfreien – Belehrung reagieren.

Ansprechpartner für Rückfragen: RA Alexander Meyer und RA Adam Cofala

 


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